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Werden die Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft aufgrund eines nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbaren Rechtsgeschäfts in der Hand eines Erwerbers vereinigt und sinkt dessen Beteiligung zu einem späteren Zeitpunkt unter die nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erforderliche Beteiligungsquote ab, unterliegt ein Anteilserwerb, der zu einer erneuten Anteilsvereinigung in der Hand des Erwerbers führt, nach Auffassung des Bundesfinanzhofs wieder nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer (Az. II R 26/23).
Im Streitfall war die Klägerin, eine GmbH, zu 94,9 % an der grundbesitzenden R-AG beteiligt. Weitere Gesellschafterin der R-AG war die M-GmbH mit 5,1 % der Anteile. Mit Vertrag vom 20.12.2011 erwarb die Klägerin die weiteren 5,1 % von der M-GmbH. Für diesen Erwerb (vom 20.12.2011) setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer gegenüber der Klägerin fest.
Mit Vertrag vom 10.10.2012 machten die Klägerin und die M-GmbH den Vertrag vom 20.12.2011 rückgängig und vereinbarten den Rückverkauf und die Rückabtretung von 5,1 % der Anteile an der R-AG von der Klägerin an die M-GmbH. Zudem behielten sich die Parteien ein Rücktrittsrecht binnen zwei Jahren vor. Den Antrag der Klägerin, die Festsetzung der Grunderwerbsteuer aufgrund der Rückgängigmachung des Vertrags vom 20.12.2011 aufzuheben, lehnte das beklagte Finanzamt wegen Nichteinhaltung der Anzeigefrist ab.
Mit Vertrag vom 08.04.2014 machten die Klägerin und die M-GmbH daraufhin den Vertrag vom 10.10.2012 rückgängig. Dabei vereinbarten sie, die Vertragsparteien seien so zu stellen, als sei der Vertrag vom 10.10.2012 nie geschlossen worden. Daraufhin setzte das Finanzamt gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erneut Grunderwerbsteuer gegenüber der Klägerin fest, da mit der Rückgängigmachung des Vertrags vom 10.10.2012 abermals mindestens 95 % der Anteile an der R-AG in der Hand der Klägerin vereinigt worden seien. Die hiergegen erhobene Klage hatte vor dem Finanzgericht München keinen Erfolg.
Der Bundesfinanzhof sah die Revision der Klägerin als begründet an und hob das Urteil des Finanzgerichts auf. Zwar habe dies zutreffend entschieden, dass mit dem Abschluss des Vertrags vom 08.04.2014 der Tatbestand der Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt ist. Jedoch habe es zu Unrecht einen Anspruch der Klägerin auf Aufhebung der hierfür festgesetzten Grunderwerbsteuer nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG verneint. Die Vorinstanz habe verkannt, dass bei einer Abfolge mehrerer Erwerbsvorgänge die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG für jeden einzelnen Erwerbsvorgang getrennt, d. h. auf jeder Vertragsstufe selbstständig, zu prüfen sind.
Zudem habe das Finanzgericht München nicht beachtet, dass der Vertrag vom 08.04.2014 die Anforderungen an einen Rückerwerb im Sinne des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG erfüllt. Erforderlich sei hierfür, dass im Zeitpunkt des vorausgegangenen Erwerbsvorgangs, auf den sich die Rückgängigmachung bezieht, die veräußernde Gesellschaft bereits grundbesitzend war, das betreffende Grundstück sich also bereits in deren grunderwerbsteuerrechtlichem Zurechnungsbereich befand. Nur in diesem Fall könne die veräußernde Gesellschaft den Grundbesitz infolge der späteren Anteilsvereinigung „zurückerlangen“. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall erfüllt. D. h., in Bezug auf den Erwerbsvorgang vom 08.04.2014 haben die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG vorgelegen, sodass die Festsetzung der Grunderwerbsteuer für die dadurch begründete (erneute) Anteilsvereinigung aufzuheben sei. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass für die Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG ohne Bedeutung ist, ob auch der rückgängig gemachte Rechtsvorgang der Grunderwerbsteuer unterlag.
Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG (in der im Streitjahr 2014 geltenden Fassung) unterliegt, soweit eine Besteuerung nach Absatz 2a nicht in Betracht kommt, ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft begründet, der Grunderwerbsteuer, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein vereinigt werden würden.
Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet.
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